Dieser Artikel wurde am 22. Dezember 2011 aktualisiert und auf den neuesten Stand gebracht!

Immer mehr Freizeitreiter denken nicht nur über den Kauf eines Fohlens nach, sondern verwirklichen diesen auch. Das mag viele Gründe haben. Einerseits erscheint die Anschaffung eines Pferdekindes natürlich im ersten Moment günstig und angesichts der wachsenden Zahlen an Schlachtfohlen auch ehrenvoll (Versteht mich nicht falsch, ich glaube, das ist wirklich häufig ein Motiv), andererseits birgt der Gedanke, ein Pferd selbst auszubilden und aufwachsen zu sehen natürliche eine große Faszination. Natürlich macht man sich am Anfang eine Menge Gedanken darüber, wie man das zukünftige Leben des neuen Familienmitglieds gestalten möchte. Tricks können eine altersgerechte Beschäftigung sein, wenn man das Lernen in Maßen hält

Natürlich weiß man auch, dass es eine lange Zeit zu überbrücken gibt, in der so ein Fohlen in erster Linie Pferdekind sein sollte und in der man sich in vornehmer Zurückhaltung üben muss. Aber ich wage zu bezweifeln, dass die meisten wirklich einschätzen können, wie lang die Zeit wirklich ist, bis man mit einem Jungpferd tatsächlich an regelmässiges Training denken kann. Ich glaube, dass hier so mancher in Punkto Selbstbeherrschung schon an seine persönlichen Grenzen gestossen ist. Anders kann ich mir nicht erklären, dass ich immer öfter wirklich junge Pferde sehen, die ganz offensichtlich schon in ernstem Training stehen. Ich sehe Fohlen, die im Galopp um Ihre Besitzer (oder Trainer!) zirkeln, ich sehe Jährlinge, die schon die ersten Zirkuslektionen auf Abruf können und natürlich sehe ich – fast schon Normalität – Dreijährige, die ihre Ihre runden eifrig täglich in der Reitbahn oder im Gelände gehen. Sicher, an sich nichts Neues. Bisher beschränkten sich diese frühe Ausbildung jedoch eher auf sportlich orientierte Sparten, inzwischen kann man diese Beobachtung zunehmends auch bei Freizeitreitern sehen mit vergleichsweise geringen sportlichen Ambitionen.

Ich bekomme auch immer mehr Mails von Leuten, die mich fragen, wann Sie mit Ihren Pferden beginnen können, Zirkuslektionen zu lernen. Ich möchte hier auch nicht ermahnen, fragt mich ruhig weiter, ich finde es gut, dass ihr fragt, aber wie viele fragen denn wirklich? Die Grauziffer ist sicher deutlich höher. Für die Zirkuslektionen gilt ganz klar, sie erfordern regelmässiges Training mit einer gewissen Ernsthafigkeit, sie erfordern vor allem Konzentration und Muskelarbeit, wenn man sie mit Sinn und Verstand verfolgen möchte. Ein junges Pferd ist hierzu noch nicht in der Lage. Je nach Pferd halte ich ein Alter von 2,5 Jahren mindestens als angebracht, nur in wenigen Fällen früher. Das gilt nicht nur für Zirkuslektionen, sondern für jede Art körperlicher Beschäftigung, der Sehnen, Bänder, Gelenke und Knochen in dem Wachstumsstadium einfach noch nicht gewachsen sind.

Nicht immer steht Ungeduld oder das eigene Ego dahinter, ganz oft hört man als Begründung „Aber das hat er doch von alleine angeboten …“, wenn das junge Pferd schon Dinge beherrscht, die es eigentlich noch gar nicht können bräuchte oder sogar sollte. Ich finde, die Freiwilligkeit des Pferdes ist ein Geschenk an uns. Unser Geschenk an das Pferd sollte es sein, dieses zu würdigen, in dem wir uns überlegen, ob diese Art der Arbeit altersgerecht ist. Ganz egal ob das Pferd diese ohnehin in der freien Natur zeigen würde, es besteht ein Unterschied! Manchmal muss man als „Pferdemutter“ einfach mal sagen „Hierfür ist es noch nicht Zeit!“. Man übernimmt Verantwortung und diese sollte so weit reichen, dass wir uns auch über den Sinn und die Altersgerechtheit der Lektionen Gedanken machen und ggf. einfach unsere eigenen Ziele hintenanstellen – auch wenn es noch so schön wäre 🙂

Natürlich gibt es auch Dinge, die man mit sehr jungen Pferden bzw. Fohlen schon machen kann. Clickertraining ist eine tolle Sache für junge Pferde, weil sie so zwanglos die Spielregeln des Pferdelebens unter Menschen lernen können. Das Führen von der Weide zum Putzplatz, das Stehen, Angebundensein, Hufe geben – das Fohlen ABC. Der Umgang ist das einzige, was in jungen Jahren gewährleistet sein sollte und das Pferd lernen muss, für alles andere ist später noch genug Zeit. Wer es nicht abwarten kann, kann seinem Pferd vielleicht den ein oder anderen Trick lehren, ein bisschen Gewöhnungstraining machen oder Spazierengehen, leichtes Führtraining. Für ein Pferd kann es durchaus auch Sinn machen, das ein oder andere frühzeitig zu lernen, wie z. B. sich überall berühren zu lassen und zu lernen, dass Druck eine Information und kein Zwang ist Aber auch das nur kurz und in Maßen und das natürlich ohne drastische Druckverstärkung physischer oder mentaler Natur. Das kann man sehr gut ebenfalls mit dem Clicker verbinden. Wir dürfen nicht vergessen, dass das Pferd hier für sein Leben lernt und sicher nicht vergisst! Schließlich soll es uns positiv erleben!

Clickertraining lehrt das Pferd, zu lernen und lehrt uns, zu Lehren, deshalb ist es auch eine sehr mächtige Methode, Pferden etwas beizubringen. Das gleiche gilt auch für die Arbeit mit Lobwort und Futterlob, welches im Prinzip genauso funktioniert. Man bekommt selbst sehr viel Input und sieht alles mit anderen Augen. Man sieht etwas und denkt „toll, das nehme ich mit“ und beginnt, dieses zu bestärken, was dazu führt, dass das Pferd es bald darauf auch wieder anbietet. Eine heikle Gewissensfrage… Annehmen oder nicht? Wenn es sich hierbei um Tricks handelt, die dem Pferd keinen hohen Körperlichen Einsatz abverlangen, warum nicht. Wenn es aber um Dinge geht, die einen gewissen körperlichen Anspruch bedeuten, dann rate ich, diese zu vertagen und nicht gezielt zu trainieren. Glücklicherweise sind Dinge, die das Pferd von sich anbietet, auch nicht verloren. Es werden wieder Gelegenheiten kommen, diese zu bestärken – „Es gibt hier kein Nein, es gibt nur ein später“ (Zitat: Corinna Scholz)

Ich kann hier sicherlich nur meine persönliche Meinung nach Außen tragen und sicherlich kann ich mich, wie so viele an dem ein oder anderen Punkt auch an die eigene Nase fassen. Jeder muß für sich selbst entscheiden, was und wieviel richtig und notwendig ist. Ich möchte auch nicht ermahnend den Zeigefinger heben und auf die Zeigen, die es anders machen. Ich möchte nur ein wenig zum Nachdenken anregen…

Eure Sady