Dieser Artikel wurde am 14. Januar 2015 aktualisiert und auf den neuesten Stand gebracht!

Fellsättel erfreuen sich zunehmender Beliebtheit und auch ich bin grundsätzlich ein Freund davon. Dabei verlasse ich mich weniger nur auf wissenschaftliche Studien, sondern ziehe mein Fazit aus persönlichen Erfahrungen von mir und meinen Schülern. Anhand der Resultate, der Bemuskelung und des Reitbildes lässt sich über einen längeren Zeitraum gut nachvollziehen, wie ein Fellsattel wirkt.

Doch nicht jede Pferd-Reiter-Kombination ist für jeden X-beliebigen Fellsattel geeignet. Hartnäckig hält sich der Glaube, dass ein Fellsattel auf jedes Pferd passt und dieser bedenkenlos als Ersatz-, Übergangs-, Zweit- oder auch Hauptsattel herhalten kann. Im Internet bestellt – schnell das günstigste Angebot, aber ohne Beratung rausgesucht – und losgeritten. In den meisten Fällen geht es gut.

Doch nicht immer, wie das Beispiel von Daim zeigt.

Seine Besitzerin hatte sich auf das Urteil einer Händlerin verlassen, die nach fotografischer Beurteilung einen bestimmten Satteltyp empfohlen hatte. Die anfängliche Skepsis, ob das Reiten mit Bügeln schaden könne, wurde ausgeräumt. Auch eine spezielle Satteldecke sei nicht notwendig. Und so stieg Sonja nach einem Fehlkauf eines herkömmlichen Dressursattels übergangsweise in einen Fellsattel.

Schonend begonnen für ein paar Minuten und selbstverständlich von einer Erhöhung aufgestiegen, ritt sie in allen drei Gangarten, nachdem ihr Pferd und sie sich daran gewöhnten hatten. Das Pferd lief locker, keine Auffälligkeiten. So steigerte sie die Dauer auf das normale Reitpensum, ca. 4 mal in der Woche, 30 bis 45 Minuten in allen Gangarten – inklusive Leichttraben.

Als nach zwei Wochen der Sattler kam um den Rücken zu vermessen und einen neuen Sattel zu empfehlen, entdeckte Sonja eine Schwellung am Widerrist – und diese war ganz sicher am Tag zuvor nicht da gewesen. Ein wenig verspannt sei das Pferd vielleicht gewesen, aber das kommt schließlich bei jedem einmal vor. Da ohnehin grad ein Tierarzt vor Ort war, sah dieser sich das Pferd an. Etwas schuppig, eine kleine, oberflächliche Verletzung, eine Schwellung. Nichts großes. Dass bereits eine Entzündung im Körper vorlag, konnte zu dieser Zeit niemand wissen.

Statt einer Besserung, eröffnete sich einige Tage später ein Abszess. Erneut wurde der Tierarzt hinzugezogen. Dieser reinigte die Wunde und entfernte Gewebe, so dass der Eiter abfließen und eine „saubere“ Wundheilung eintreten konnte. Antibiotika wurde gegeben und die Wunde sollte täglich gesäubert und desinfiziert/gespült werden.

Aus dem Abszess bildete sich eine Nekrose, die Haut starb ab und der obere Hautlappen löste sich.

Die Wunde nach dem Aufbrechen des Abszess

Die Wunde nach dem Aufbrechen des Abszess

Nach der Behandlung des Tierarztes und Eröffnung

Nach der Behandlung des Tierarztes und Eröffnung

Wunde nach vollständiger Entfernung des Hautlappens

Wunde nach vollständiger Entfernung des Hautlappens

 

 

 

 

 

 

 

 

Der Weg in die Klinik folgte. Die Wunde wurde erneut gereinigt und behandelt. Der lange Rückenmüskel ist angegriffen.

06Eine Röntgenaufnahme zeigte eine Entzündung die auch auf die Dornfortsätze übergriff. Im schlimmsten Fall müsse ein Teil des Knochens entfernt werden. Bei unproblematischem Heilungsverlauf könne das Pferd in 2 bis 3 Monaten wieder reitbar sein.

Glücklicherweise ist Daim inzwischen wieder zuhause und bisher verläuft der Heilungsverlauf bei täglicher Pflege positiv. Ob sich die Veränderung am Knochen ebenfalls wieder zurückbildet oder ein erneuter Klinkaufenthalt notwendig ist, wird sich zeigen.

04Die Schwellung war eine innerliche Entzündung, hervorgerufen durch eine äußere, mechanische Reizung, bis der Abszess letztlich aufbrach. Der Ursprung der Entzündung liegt nahezu an der Stelle, an der die Gurtung des Sattels verläuft. Durch den weit in den kurzen Rücken reichenden Widerrist und wenig körpereigene Polsterung wurde sehr punktueller Druck ausgeübt. Viele Faktoren kamen zusammen – und sicher ist es auch einfach ein wenig Pech gewesen. Aber es zeigt doch, dass das Reiten mit Fellsattel und Bügeln durchaus kritisch zu hinterfragen ist. Manche Pferde vertragen es – manche eben nicht.

Der weit in den kurzen Rücken reichende Widerrist kann problematisch sein, da die Gurtung über den Widerrist verläuft und durch das Reiten mit Bügeln ggf. eine hohe Druckbelastung entsteht.

Der weit in den kurzen Rücken reichende Widerrist kann problematisch sein, da die Gurtung über den Widerrist verläuft und durch das Reiten mit Bügeln ggf. eine hohe Druckbelastung entsteht.

 

Dies soll keinesfalls ein Anti-Plädoyer-für den Fellsattel sein. Bei richtiger Passform und sachgemäßer Nutzung kann ein Fellsattel eine gute Alternative sein. Das zeigen die vielen positiven Stimmen und ist auch meine Erfahrung. In jedem Fall sollte aber auch bei der Nutzung eines Fellsattels stets der Einzelfall beurteilt werden. Im Idealfall holt man sich den Rat eines Profis, der vor Ort eine Empfehlung ausspricht. Aber auch dieser kann sich eben irren und liegt nicht immer richtig, weshalb wir stets auch eine Eigenverantwortung dem Pferd gegenüber tragen. In jedem Fall sollte, wenn überhaupt mit Bügeln geritten werden muss, eine druckentlastende Unterlage genutzt und überprüft werden, ob die Gurtung für das Pferd komfortabel ist. Bei bestimmten Pferdetypen sollte man generell auf das Reiten mit Bügeln verzichten, da die Druckverteilung nur eingeschränkt möglich ist und punktueller Druck über die Gurtung entsteht. Darüber hinaus sollte der Reitersitz gefestigt, zügelunabhängig, ausbalanciert und ruhig sein – und damit den Gebrauch von Bügeln ohnehin nicht notwendig machen.

Ansonsten gilt für Fellsättel, was auch für herkömmliche Sättel gilt: nicht jeder (Fell)Sattel passt auf jedes Pferd!

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