Dieser Artikel wurde am 9. Dezember 2010 aktualisiert und auf den neuesten Stand gebracht!
Das Kopfsenken gehört zu den Übungen, mit denen man nie früh genug beginnen kann. Es ist eine sehr nützliche Lektion, die sich in viele Situationen einbauen lässt. Es wirkt sich nicht nur beruhigend auf das Pferd aus, es hat auch einen Dehnungseffekt. Später lässt es sich auch über eine gewisse Distanz einsetzen. So lasse ich mein Pferd beim Longieren oder laufenlassen im Roundpen nicht nur im Schritt, sondern auch im Trab den Kopf senken, um es in die Dehnungshaltung zu bringen oder es zu beruhigen. Auch beim Rückwärtsrichten leistet es gute Dienste, da das Rückwärtsrichten mit hoher Kopfhaltung nicht nur eine recht unschöne Sache ist, sondern Rücken und Gelenke des Pferdes stärker beansprucht. Für fortführende Lektionen wie Kompliment, Verbeugung oder auch Apportieren ist sie unabdingbar.
Vorarbeit
Ihr Pferd sollte mit einem gut sitzenden Halfter und einem Strick ausgerüstet sein. Außerdem brauchen Sie natürlich wie immer zur Belohnung Leckereien. Vor Beginn der Übung sollte das grundsätzliche Vertrauensverhältnis zwischen Ihnen und Ihrem Pferd geklärt sein, da das Pferd für den Moment des Kopfsenkens die Kontrolle an Sie abgibt. Durch den neuen Blickwinkel mit gesenktem Kopf hat es seine Umgebung nicht mehr voll im Blick. Ein Pferd, welches seinen Kopf also nur unwillig oder gar überhaupt nicht senkt, fühlt sich unter Umständen einfach noch nicht sicher genug.
Fangen Sie damit an, die Region vom Widerrist bis hoch ins Genick des Pferdes abzustreichen, um sicherzugehen, dass ihm die Berührungen nicht unangenehm sind. Das ganze dürfen Sie ruhig ein paar Mal wiederholen, auch wenn Sie sich sicher sind, dass Ihrem Pferd die Berührungen nichts ausmachen. Wenn es nötig ist, geben Sie ihrem Pferd zur Belohnung für das Stillhalten etwas Futter. Nun können Sie mit der eigentlichen Übung anfangen.
Das erste Kopfsenken
Legen Sie Ihre Hand auf das Genick des Pferdes und üben Sie einen leichten Druck aus. Achten Sie genau auf die Reaktion Ihres Pferdes. Sobald das Pferd auch nur andeutungsweise den Kopf senkt oder sich die Muskeln entspannen, nehmen Sie jeglichen Druck weg und belohnen Sie Ihr Pferd. Zeigt Ihr Pferd keinerlei Reaktion, erhöhen Sie den Druck etwas und erhalten diesen aufrecht, bis Ihr Pferd eine Reaktion zeigt. Sollte diese Variante keinen Erfolg bringen, können Sie den Strick in beide Hände nehmen und den Kopf des Pferdes herunter streicheln. Fassen Sie dabei immer wieder den Strick nach, zupfen Sie leicht und lassen Ihre Hände am Strick hinunter gleiten. Natürlich muss auch hier jede noch so kleine Reaktion des Pferdes sofort belohnt werden.
Erreichen Sie partout keine Veränderung, spricht nichts dagegen, Ihrem Schützling mit etwas Futter das Kopfsenken schmackhaft zu machen. Locken Sie Ihn mit einer Leckerei in die Tiefe (zum Beispiel eine Schüssel Hafer, oder eine lange Möhre), aber vermeiden Sie auch hier zu schnell zu viel zu verlangen. Tasten Sie sich allmählich an ein tiefes Kopfsenken heran. Ihr Pferd soll von alleine merken, dass ihm nichts geschieht und es keinen Grund gibt, nicht auch außerhalb der Herde, in Ihrer sicheren Gegenwart den Kopf zu senken.
Durch die kontinuierliche Bestärkung der richtigen Reaktion des Pferdes, wird das Pferd beginnen, die Ausführung der Übung langsam zu steigern. Es wird feiner auf die Signale reagieren und den Kopf immer williger senken. Vermeiden sich tunlichst jede Art von negativer Assoziation wie Strafe oder Zwang. Ihr Pferd soll den Kopf schließlich gerne senken. Es soll sich in der Tiefe Erholung und Entspannung gönnen können.
Der richtige Umgang mit der Belohnung ist auch bei dieser Übung äußerst wichtig. Achten Sie darauf, dass der Druck sofort nachlässt, wenn das Pferd richtig reagiert und füttern Sie die Belohnung möglichst so tief, wie das Pferd zuvor den Kopf gesenkt hat. So unterstützen Sie im späteren Verlauf der Übung, dass das Pferd mit gesenktem Kopf verharrt.
Kommandos und Signale
Hat Ihr Pferd verstanden, dass es seinen Kopf senken soll, können Sie die Signale zum Senken des Kopfes einführen. Ich verwende zusätzlich zum Stimmkommando „Head Down“ (engl. „Kopf runter“) ein alternatives Körpersignal, welches ich immer dann verwende, wenn das Stimmsignal nicht ausreicht. Außerdem habe ich die Erfahrung gemacht, dass die meisten Pferde auf Körpersignale besser reagieren, als nur auf die Stimmkommandos.
Zeitgleich mit der Aufforderung an Ihr Pferd, den Kopf zu senken, geben Sie Ihrem Pferd jetzt das Stimmkommando. Wiederholen Sie es am Anfang ruhig mehrmals vor und auch während der Übung. Wenn ihr Pferd die Bedeutung verstanden hat, können Sie es wieder auf ein Mindestmaß reduzieren und das Stimmkommando nur zu Beginn geben.
Wenn Sie das alternative Körpersignal nutzen wollen, dann senken Sie während des Kopfsenkens einfach ihre flache, mit dem Handrücken nach oben zeigende Hand ab von etwa Schulter- bis Hüfthöhe. Dieses Signal hat sich vor allem bei der Arbeit auf Distanz bewährt und dient ebenfalls dazu, den Kopf in einer tiefen Position zu halten.
Die Übung halten
Der nächste Schritt ist, das Pferd dazu zu bringen, den Kopf gesenkt zu lassen, bis wir die Übung auflösen. Dieser Schritt ist meist am schwersten. Da wir wie bereits erwähnt jede Art von Druck und Zwang vermeiden wollen, ist es keine Alternative, den Kopf mit „Gewalt“ am Boden zu Halten. Wir bringen das Pferd durch Wiederholung und langsame Steigerung dazu, den Kopf gesenkt zu Halten.
Wenn Sie das Leckerli in der Position füttern, in der das Pferd zuvor den Kopf gehalten hat, haben Sie den ersten Schritt schon erreicht. Vermutlich wartet ihr Pferd bereits auf das Leckerli, bevor es seinen Kopf wieder in die Höhe erhebt. Wenn nicht, dann lassen Sie es den Kopf erneut senken und reichen Sie ihm das Leckerli in der erwähnten Höhe. Bevor das Pferd nun seinen Kopf hebt, sagen sie deutlich „auf“ (oder ein beliebiges anderes Kommando). Arbeiten Sie mit dem Handsignal, unterbrechen Sie dieses in dem Sie die Hand flach an den Körper nehmen. Das führt über kurz oder lang (in der Regel dauert es tatsächlich eher langer) dazu, dass sich das „auf“ und das Unterbrechen des Handsignals als Auflösezeichen etablieren und das Pferd seinen Kopf gesenkt hält, bis wir die Übung tatsächlich auflösen. Erhöhen Sie die Dauer zu Anfangs wirklich nur sekundenweise (zählen Sie ruhig in Gedanken mit …) und erwarten Sie nicht zu viel von Ihrem Pferd. Die Zuverlässigkeit dieser Übung zeigt sich erst mit zunehmender Routine bei der Arbeit.
Einsatz in der Praxis
Wenn Sie der Meinung sind, das Ihr Pferd zuverlässig auf die Zeichen zum Kopfsenken reagiert und den Kopf auch einige Zeit in der Position hält, können Sie je nach Ausbildungsstand des Pferdes anfangen, die Übung auch mit anderen Aufgaben zu verknüpfen. Die Einsatzmöglichkeiten sind vielfältig. Einige Beispiele sind die Arbeit im Roundpen oder an der Longe, bei denen man das Kopfsenken im Schritt und im Trab, bei fortgeschrittenen Pferden sogar im Galopp zur Entspannung, Beruhigung, Lösung und Dehnung nutzen kann. Gute Dienste leistet das Kopfsenken auch beim Rückwärtsrichten, um das Pferd davon abzuhalten, den Rücken wegzudrücken. Auch beim Scheutraining oder bei Angst vor am Boden liegenden Dingen, kann man das Kopfsenken zur Überwindung der Angst nutzen. Doch nicht nur am Boden ist das Kopfsenken bald zu einem nützlichen „Werkzeug“ geworden, auch beim Reiten lässt es sich wunderbar einsetzen. Mit Hilfe des Kopfsenkens lässt sich in allen Gangarten eine erste Dehnungshaltung unter dem Sattel erreichen. Es lässt sich ebenso vielseitig wie auch am Boden einsetzen. Üben Sie doch einmal das Auftrensen mit gesenktem Kopf. Regt sich das Pferd bei einem Ausritt auf, lassen Sie es doch einfach den Kopf senken und Sie werden sehen, wie schnell es sich wieder beruhigt. Sie sehen, die Möglichkeiten sind nahezu unbegrenzt. Aber beachten Sie, wenn Sie das Kopfsenken mit anderen Aufgaben verknüpfen, dass Sie Ihrem Pferd eine völlig neue Aufgabe stellen und das Kopfsenken unter Umständen Schritt für Schritt „neu“ erarbeiten müssen. Doch je mehr und je öfters Sie das Kopfsenken auch in andere Übungen einbinden, desto selbstverständlicher wird dies auch für Ihr Pferd werden.
Quick Start – zum Wiederholen und Durchstarten
Voraussetzungen
- Ruhiges Stehenbleiben
- Geklärtes Vertrauensverhältnis
- Das Pferd läßt sich üebrall berühren
Equipment
- Halfter und Strick
- Leckerlis
Die Lernphasen
- Abstreichen des Pferdes vom Widerrist bis zum Genick
- Erstes Kopfsenken durch leichten Druck im Genick oder zupfen und herunterstreichen am Strick
- Steigerung der Tiefe durch tiefes Belohnen und kontinuierliche Bestärkung der Nachgiebigkeit
- Bei zuverlässiger Reaktion des Pferdes, Einführung von Stimmkommando und Körpersignal
- Halten der Übung durch verzägerte Belohnung, Wiederholungen und ein separates Signal zum Auflösen der Übung
Varianten (siehe auch letzter Absatz)
- Kopfsenken auf Distanz (z.B. beim Longieren oder im Round Pen)
- Führen mit gesenktem Kopf
- Rückwärtsrichten mit gesenktem Kopf
- Kopfsenken zur Überwindung der Angst z.B. beim Scheutraining
Meine zweijährige Stute beherrscht das Kopfsenken auch schon. Das erste Auftrensen war total einfach und stressfrei, da sie sich aus dieser Position das Gebiss selber nehmen konnte. Das Kopfsenken ist für mich eine der wichtigsten Übungen.
Mich würde ein weiterführender Artikel dazu interessieren, eine Übung länger zu halten, wann und wie man dann belohnt usw.
zB auch beim Kompliment, wenn man anfangs selbst unten am Boden ist und später aber stehen bleiben möchte während das Pferd in die Position geht.
Liebe Grüße!
Hallo Djaba, einiges davon findest du zum Beispiel in meinem Buch (wie man das Pferd dazu bringt, das Kompliment allein zu machen, z. B.). Aber diese Website wächst stetig in dem Rahmen, in dem das meine Zeit zulässt 😉 Immer mal wieder reinschauen! Einiges findest du ja z. B. schon. LG und viel Freude, Sady
Sehr gut erklärt, danke!