Dieser Artikel wurde am 15. Mai 2012 aktualisiert und auf den neuesten Stand gebracht!

[singlepic id=1383 w=320 h=240 float=right]Ich weiß, ich weiß, schon der Titel hört sich etwas abgehoben an und man würde ihn eher auf einem Blog für Lebenshilfe erwarten. Doch auch im Umgang mit Pferden ist Genügsamkeit eine Tugend, die uns zu mehr Zufriedenheit im Umgang mit dem Pferd verhelfen kann, weshalb ich gern die Möglichkeit wahrnehme, darüber zu schreiben.

Ein Punkt, an den ich in meinen Kursen und meinem Unterricht immer und immer wieder gern erinnere, ist das Thema Genügsamkeit. Und ich gebe zu, auch ich muss mich hin und wieder an die eigene Nase fassen und mich daran erinnern, bescheiden und genügsam zu sein und mich mit scheinbar „weniger“ zufrieden zu geben. Dabei fällt mir schon beim Schreiben auf, dass „wenig“ eigentlich eine sehr schwer zu beurteilende Einheit ist, da eigentlich der Lernende, also in dem Fall das Pferd, beurteilen müsste, wann wenig genug ist. Würde man stets vom geringsten Ansatz des Erfolges schon ausgehen, so wäre man auf der sicheren Seite. Doch genau das ist es, was uns ach so schwer fällt.

Jeder von uns kennt doch die Situation, dass er im falschen Moment gerne noch ein Quäntchen mehr Erfolg hätte, vielleicht noch ein bisschen besser oder noch ein bisschen weiter. Manchmal klappt das auch, doch häufig bricht das gerade Gelernte sogar in sich zusammen wie ein Kartenhaus und wirft einen im schlimmsten Fall sogar zurück. Man hat verpasst, die Bemühung des Pferdes, die zweifellos wirklich gut war, zu loben und dem Pferd die Chance verwehrt, aus dem richtigen Verhalten zu lernen. Wenn uns dies auffällt, weil wir auf kleine Schritte sensibilisiert sind, dann können wir solche Situationen als Anlass nehmen, uns an Bescheidenheit und Genügsamkeit zu erinnern und diesen Fehler das nächste Mal vermeiden. Wenn uns der Fehler jedoch nicht bewusst ist, entsteht auf beiden Seiten Frust: beim Pferd, weil es sich so offensichtlich bemüht hat und mit seinen Bemühungen dennoch keinen Erfolg hatte und bei uns, weil auch wir in diesem Moment „versagt“ haben, oder die Bemühung des Pferdes nicht erkannt haben und denken, dass Pferd habe uns nicht verstanden oder sogar den Dienst verweigert. Im konventionellen Pferdetraining entstehen genau in solchen Momenten Missverständnisse, die die weitere Zusammenarbeit prägen, wenn sie sich immer und immer wieder wiederholen. Schon ein kleines bisschen mehr Bescheidenheit hätte hier zu einem Erfolgserlebnis für beide Partner geführt.

Genau diesem „kleinen bisschen mehr Bescheidenheit“ schenken wir meist viel zu wenig Beachtung. Dabei sollte einem klar sein, dass dies in der Regel nicht willentlich geschieht. In dieser von Konsum und Überfluss geprägten Gesellschaft ist es schwer, sich auf Werte wie Genügsamkeit und Bescheidenheit zu besinnen, denn häufig wird der Konsum mit persönlichem Erfolg und Glück gleichgestellt. Doch nicht der materielle Konsum ist es letztlich, der uns Zufriedenheit bringt, sondern der immaterielle Erfolg, der uns im Herzen anspricht. Doch auch dieser kommt häufig zu kurz.

Was können wir nun tun, um diesem Kreislauf entgegen zu wirken und mehr Freude und Zufriedenheit im Umgang mit dem Pferd zu erlangen? Zuerst einmal, sich dessen bewusst werden und sich frei machen, von Erfolgs- und Zeitdruck. Natürlich soll und darf man Ziele haben, doch stressfrei und fröhlich können diese nur erreicht werden, wenn der Weg als Ziel erkannt wird und die gemeinsame Zeit und nicht ein möglicher Erfolg im Vordergrund steht.

[singlepic id=1384 w=320 h=240 float=left]Als nächstes kann es sinnvoll sein, seine Trainingsstrategie zu überdenken und diese vor allem auch im Training bewusster wahrzunehmen. Ein Punkt, der uns hierbei unterstützt ist die richtige Anwendung von Lob. Überhaupt ist genau dieser Punkt entscheidend für den Lernerfolg. Gerade in der Arbeit mit negativer Verstärkung, also der Belohnung durch Nachlassen von Druck, passiert es leicht, dass man den richtigen Moment zu Loben verpasst, weil man doch gerne noch ein bisschen mehr hiervon oder davon gehabt hätte oder schon den Ansatz richtigen Verhaltens nicht bewusst wahrnimmt. Oft kommt man zunächst trotzdem voran, denn Pferde lernen durchaus auch durch Druck, doch wie viele Gelegenheiten sich zu freuen verpasst man allein hierdurch? Dies ist in der Tat eine der größten „Gefahren“ der negativen Bestärkung, weil sich die Frustration langsam breit macht und man erst viel zu spät bemerkt, welch Motivationskiller eine mögliche Unachtsamkeit sein kann. Genügsam zu sein, heißt nicht unbedingt zu Verzichten, sondern im Idealfall bekommen Sie sogar etwas dafür. Es ist an Ihnen zu bestimmen, welchen Werten Sie folgen möchten und ob Zufriedenheit und Glücksgefühl für Sie ein erstrebenswertes Ziel sind 😉 Verstehen Sie mich nicht falsch, das soll nicht bedeuten, dass sie ab heute nicht mehr mit negativer Verstärkung arbeiten dürfen. Ich möchte Sie nur sensibilisieren darüber nachzudenken und zu beobachten, ob es nicht effektiver ist, in noch kleineren Schritten vorzugehen damit Sie mehr Möglichkeiten haben, sich mit Lob bei Ihrem Pferd zu bedanken und sich am gemeinsamen Erfolg zu freuen. Wenn ich auf meine Anfänge im Training zurückdenke, dann stelle ich fest, dass mehr Druck für mich häufig eine (unangebrachte) Rechtfertigung für zu wenig Zeit war und mir das Vertrauen darin fehlte, dass man auch mit weniger oder gar keinem Druck zu einem gleichwertigen Ergebnis kommen kann.

Wer mit seinem Pferd mittels positiver Bestärkung und/oder Clicker voranschreitet, der kommt in diese Bredouille häufig gar nicht erst, denn für ihn entscheidend sind die genaue Beobachtung und das Vertrauen darin, dass das Pferd das richtige Verhalten zeigt. Belohnt man nicht richtig, verpasst man den richtigen Moment, ist das Timing schlecht, erhält man schlicht und ergreifend nicht das richtige Verhalten. Man kann sich also selbst dazu motivieren, kleine Schritte zu belohnen und wird schnell feststellen, dass diese Art von Arbeit beiden Partnern viel Freude und Spaß schenkt und das gesamte Zusammensein mit dem Pferd prägt. Durch das punktgenaue Loben fällt es einem viel leichter, den richtigen Moment zu erfassen und in der Kommunikation deutlicher zu werden. Denn der Click oder das Lob sind sehr prägnant und stehen selbst für den Moment, der unwiderruflich richtig ist 😉

Und nicht zuletzt, nehmen Sie auch etwas für sich selbst mit, seien Sie doch selbst im Alltag mal etwas genügsamer. Sagen Sie doch häufiger selbst mal „Danke“ zu dem, was Sie haben oder bekommen, ohne daran zu denken, was Ihnen fehlt oder was Sie stattdessen bekommen könnten. Genügsam sein heißt auch dankbar sein zu können. Wer genügsam ist, der braucht nicht mehr, um glücklich zu sein, sondern er ist zufrieden mit dem was er hat und kann sich daran erfreuen!

Ich freue mich über eure Gedanken zum Thema!