Dieser Artikel wurde am 20. Oktober 2011 aktualisiert und auf den neuesten Stand gebracht!
[singlepic id=1345 w=320 h=240 float=right template=caption]Manchmal ist es wie verhext! Gestern war die Welt noch in Ordnung und der Vierbeiner war mit Feuereifer dabei. Und dann, von jetzt auf gleich „rien ne va plus“ – nichts geht mehr! Auf einmal scheut das Pferd vor dem kleinsten Windstoss, die Lektionen, die gestern noch leicht von der Hand gingen, scheinen auf einmal vergessen zu sein und zu guter Letzt scheint einen das eigene Pferd auch nicht mehr zu kennen…
Eine schwierige Situation für beide Seiten. Auf Seiten des Menschen machen sich hier schnell Frustration und Selbstzweifel breit: Was ist passiert? Was habe ich gemacht, damit mein Pferd so reagiert?
Natürlich kann es passieren, dass Sie Ihr Pferd ungewollt überfordert haben und es nun eine kurze Denkpause braucht. Aber ich bin mir fast sicher, sie beobachten Ihr Pferd ganz genau und merken schon früh, wenn es Ihrem Vierbeiner zu viel wird. Und wenn Sie doch mal einen Schritt zu viel machen: das kann und das darf auch passieren. Sie sollten nicht zu hart mit sich ins Gericht gehen. Auch solche Situationen sind da, um daraus zu lernen. Sie helfen Ihnen, Ihr Pferd noch besser kennen zu lernen. Im Grunde genommen darf man dankbar sein, wenn einen das Pferd auf diese Art und Weise auf Überforderung aufmerksam macht. Machen Sie doch einfach mal eine Kreativitätspause und spannen Sie ein paar Tage aus. Verbringen Sie mit Ihrem Pferd mal Zeit, ohne zu fordern. „Undemanding Time“, also forderungsfreie Zeit, ist ein großartiges Mittel um die Beziehung zu Stärken!
[singlepic id=1348 w=320 h=240 float=right template=caption]Aber was, wenn Sie sich „keiner Schuld bewusst sind“? Wenn Sie gestern aufgehört haben, als hätten Sie und Ihr Pferd noch stundenlang so weiter machen können? Überforderung kann eine Erklärung für ein solches Verhalten sein, aber natürlich gibt es auch noch andere Möglichkeiten.
Vielleicht hatten Sie das Gefühl, Sie könnten fliegen und die Ausbildung und das Zusammenleben ging in großen Schritten voran, seit Wochen ging es steil bergauf! Hatten Sie wirklich erwartet, es würde ewig so weiter gehen? Seien Sie ehrlich, wir alle wissen, dass nach dem Berg auch irgendwann ein Tal kommt. Das ist für uns nichts neues, aber vielleicht für uns mit unserem Pferd? Das ist okay und es ist normal. Dieses Sprichwort kommt nicht von ungefähr!
Ein Pferd hat immer auch eine eigene Geschichte, manchmal ist es eine Geschichte vor uns, aber vor allem ist es immer auch eine Geschichte ohne uns. Ohne Zweifel sind wir Teil des Pferdelebens, aber den größten Teil dessen, durchlebt das Pferd ohne uns. Wir wissen nicht, was vor uns oder während unserer Abwesenheit passiert oder passiert ist. Aber sicher gibt es auch hier Dinge, die so ein Pferdekopf verarbeiten muss und bei denen wir nicht immer helfen können. Möglicherweise ist tatsächlich etwas passiert, was Erinnerungen hervorgerufen hat, die so ein Pferd eigentlich lieber aus seinem Gedächtnis streichen würde. Vielleicht hat es aber auch nur Stress innerhalb der Herde gehabt, vielleicht mussten die Resourcen neu verteilt werden. Es gibt viele Möglichkeiten, die wir nur erahnen können. Was ich aber damit sagen möchte: wir sind nicht für alles verantwortlich, was das Pferd tut! Aber wir können etwas dafür tun, um Verantwortung zu übernehmen 😉
[singlepic id=1347 w=320 h=240 float=right template=caption]Letztlich spielt der Grund keine Rolle! Natürlich ist Selbstreflektion immer Teil unserer Entwicklung und wichtig um aus seinem Verhalten zu lernen, aber das sollte nicht in Selbstzweifel ausarten. Denn diese behindern Sie nur darin, Ihrem Pferd ein souveräner Partner zu sein, der Ruhe und Sicherheit ausstrahlt. Jeder von uns macht tagtäglich einen großartigen Job und allein schon dass Sie diesen Artikel lesen, zeigt, dass Sie nur das beste für Ihr Pferd wollen und dafür auch bereit sind, einiges in Kauf zu nehmen. Damit sind sie tausenden anderer Reiter und Pferdemenschen in der Entwicklung – man muss fast sagen leider – ein großes Stück voraus. Das ist großartig!
Während Selbstreflektion Sie in Ihrer Entwicklung also vorantreiben kann, helfen Selbstzweifel weder Ihnen und Ihrem Pferd. Haken Sie es ab! Nehmen Sie es einfach als gegeben hin und akzeptieren Sie, dass sich Ihr Pferd nun einmal so verhält, wie es sich verhält. Auch ein Pferd hat mal einen schlechten Tag – oder auch eine schlechte Woche. Lassen Sie ihm diese Freiheit, schließlich sind sie auch sonst sehr bestrebt, das ihr Pferd ein Pferd bleibt. Nehmen Sie es also auf keinen Fall persönlich!
Versuchen Sie einfach mal zu vergessen, was war. Erinnern Sie sich zurück an Ihre Anfänge (die ja vielleicht noch gar nicht so lange her sind?) und passen Sie Ihr Verhalten dem Pferd an. Spielen Sie das „Spiel“ doch einfach mit? Tun Sie, als wäre dies heute Ihr erster „Arbeitstag“. Setzen Sie Ihre Anforderung herab und bauen Sie die Lektionen neu auf. Schauen Sie, was Ihr Pferd motiviert mitmacht. Vielleicht hat es eine Lieblingsübung? Sie kennen Ihr Pferd am Besten! Motivieren kann man ein Pferd oft gut mit einfachen Aufgaben, bei denen die Aussicht auf Belohnung nur mit geringem Energieaufwand verbunden ist. Üben Sie doch einfach mal wieder führen? Anhalten, Stehenbleiben, EINEN Schritt Rückwärts, Einen Schritt seitwärts, Kopfsenken mal nur wenige Centimenter. Hüten Sie sich davor, hier zuviel zu erwarten, sondern halten Sie die Anforderungen ganz bewusst auf niedrigem Level. Sie werden sehen, dass die Motivation Ihres Pferdes steigen wird. Das ist eine logische Reaktion 😉
[singlepic id=1346 w=320 h=240 float=right template=caption]Und letztlich geht auch eine solche Zeit vorüber. Eine Zeitangabe kann ich Ihnen allerdings nicht geben. Manchmal ist es nur eine Stunde, manchmal ein Tag, manchmal eine Woche … und manchmal, da ist es einfach so! Da muss man einen „Rückschritt“ akzeptieren und als gegeben hinnehmen und sich über die neue Chance freuen! Lassen Sie los von Ärger und Enttäuschung; es hilft nicht! Sehen Sie es es nicht als Rückschritt oder Mißerfolg, nehmen Sie es als Chance. Wieviele Menschen haben schon die Möglichkeit dazu? Mit dem Wissen, was Sie zuvor erlangt haben, können Sie Ihre Sache beim zweiten Mal noch besser machen! Seien Sie dankbar dafür!
Und eines ist ganz sicher: genau solche Situation souverän zu meistern macht einen guten Trainer aus und schweißt Sie und Ihr Pferd noch mehr zusammen!
Liebe Sady,
vielen Dank für diesen Artikel, der unsere derzeitige Situation sehr genau trifft 😉
Solche scheinbar unerklärlichen Einbrüche im gemeinsamen Tun bieten wohl wichtige Lernaufgaben für den Menschen:
besser zuhören, loslassen können und demütig sein,
und natürlich dem Freund an unserer Seite alle Zeit der Welt zu lassen.
Danke, dass Du mich darauf gebracht hast, auch eine Chance darin zu erkennen.
LG Kerstin
Das hast Du mal wieder super formuliert. Hoffentlich lesen es ganz viele Leute, die sich das zu Herzen nehmen. Ich finde jedenfalls auch an einer noch so verkorksten Reitstunde oder Bodenarbeit immer etwas Positives und lasse es mein Pferd auch wissen. Liebe Grüße Andrea und Sierra
Na, wenn das mal nicht Mut macht! Hat gut getan zu lesen. Es ist zwischendurch halt einfach mal so und das man hier auch mal liest das es auch so sein DARF = Daumen hoch!
Es grüßt lieb
Sandra und Sir Henry
Einer der bester udn wichtigsten beiträge in der Pferdearbeit finde ich!
Das sollten sich so viele Menschen merken!
Grüßle Nina
Liebe Sady,
auch von mir ganz vielen lieben Dank fuer den Artikel.
Unsere Situation ist eine aehnliche derzeit und so wandere ich nun durchs Tal und hoffe dass mein Dicker und ich irgendwann wieder den Berg hinaufsteigen-zusammen.
Viele Gruesse,
Nadine
finden den Artikel super! hab grad angefangen mit meinem Shetty Horse-agillity zu machen und da haben wir auch grad ein kleines „tief“ ich werd den Tipp in deinem Artikel mal anwenden! 🙂
Sehr aufbauend. Danke