Dieser Artikel wurde am 9. August 2020 aktualisiert und auf den neuesten Stand gebracht!

Verladen ist im wahrsten Sinne des Wortes eine „schwierige Kiste“, denn die meisten Pferde sehen zunächst mal keinen Grund, in diesen dunklen Kasten einzusteigen. Verständlich. Dabei ist es wichtig, dass sich Pferde problemlos verladen und fahren lassen. Selbst wer nicht regelmäßig mit seinem Pferd woandershin fährt, sollte zumindest regelmäßig üben, damit es im Falle eines Krankheitsfalles oder anderweitigen Notfällen nicht zu Schwierigkeiten kommt. Denn die meisten Schwierigkeiten treten dann auf, wenn keine Zeit mehr für Training bleibt …

Verladen ist im Grunde genommen ein sehr komplexes Verhalten, dass aus sehr vielen Einzelverhalten zusammengesetzt wird. Das macht es in der Praxis so herausfordernd zu trainieren. Je mehr unterschiedliche Reizen man trainiert, je mehr Schritte das Training beinhaltet, je vorausschauender man denkt, desto eher ist dann das Verladen selbst unproblematisch. Natürlich ist es von Vorteil, wenn man die Möglichkeit hat, mit einem eigenen Hänger zu trainieren. Aber auch ohne Anhänger kann man viele der Schritte trainieren. Mit ein bisschen Kreativität fallen einem sicherlich auch noch einige andere Zwischenschritte ein.

In diesem Artikel kann ich aufgrund der Komplexität nur einen groben Überblick über die Einzelschritte geben, und darüber, was rund um das Verladen wichtig ist. 

Für alle Trainingsschritte muss man sich soviel Zeit nehmen, dass das Pferd die gestellten Aufgaben mit Zuversicht ausführt. Die Basis stellen dabei die Übungen Angehen, Anhalten, Stehen und Rückwarts am Boden dar, die später mit weiteren Reizen kombiniert werden. Denn letztlich ist das Verladen nur ein sehr stark generalisiertes Verhalten unter großer Ablenkung.

Neben der Mimik und Gestik des Pferdes, beobachte ich dabei genau, ob das Pferd prompt auf meine Signale reagiert. Haben diese bisher funktioniert und wurden zuverlässig und prompt ausgeführt, lässt ein Zögern Rückschlüsse  auf die Emotionen des Pferdes zu. Im Training mit positiver Verstärkung macht es kaum Sinn für das Pferd, „absichtlich“ ein Verhalten nicht auszuführen. Im Gegenteil, es wartet im Idealfall schon auf die nächste Frage, um sich eine Belohnung zu verdienen. Führt ein Pferd ein Verhalten also nicht aus, so hat dies immer einen Grund, der im Training zu suchen ist und niemals beim Pferd.

Vermeidung eines Annäherungs-Vermeidungs-Konfliktes

Gerade bei so sensiblen Verhaltensweisen, wie dem Verladen und Fahren mit Hänger, ist es besonders wichtig, die Emotionen und die „Ausführungsqualität“ besonders im Blick zu haben. Dazu ist es wichtig, dass man nicht nur die besonders schwierigen Sachen belohnt, sondern möglichst jedes Verhalten, dass rund um den Hänger ausgeführt wird. Am Ende sollte es dem Pferd quasi „egal“ sein, ob es im Hänger oder am Hänger oder weit entfernt davon steht, weil das Verhalten am Hänger ein Verhalten wie jedes andere auch ist. So wird ein so genannter „Annäherungs-Vermeidungs-Konflikt“ (Approach Avoidance Conflict), bei dem das Pferd sich zwischen einem lohnenden und einem zu vermeidenden Verhalten entscheiden muss. Es entscheidet sich dabei nur deshalb für das Verhalten, weil dieses belohnt wird und ein „Fehler“ oder die Nichtausführung zum Verlust eines Verstärkers führt. Auch, wenn wir oft denken, dass das Pferd ja die Wahl hätte, „Nein“ zu sagen, so ist dies aufgrund des Instinktes, der nahezu ständig auf der Suche nach Futter ist, ein wenig zu vereinfacht. Denn der Organismus führt Verhalten aus, die sich lohnen und so wird das Pferd sich ggf. auch dann für den Verstärker und damit das Verhalten entscheiden, wenn es sich damit eigentlich nicht wohl fühlt. Dabei verliert das Pferd einen Teil der Kontrolle über seine Umgebung und damit auch „die Wahl“, was langfristig dazu führen kann, dass  das Verhalten oder der Gesamtkontext „Hänger“ vergiftet wird und das Pferd sich immer unwohler führt und letztlich trotz Belohnung immer weniger Verhalten zeigt. 

Ein „Nein“ ist ein Kommunikationsversuch des Pferdes

Ein „Nein“ des Pferdes, egal ob es sich dabei um zum Beispiel ein zu frühes Verlassen des Hängers, nicht befolgen von Signalen oder Abwenden vom Hänger handelt, sollte immer akzeptiert und zugelassen und keinesfalls unterbunden werden. Falls dies nicht möglich ist, weil es sich um aggressives oder potentiell gefährliches Verhalten handelt, haben wir ohnehin den Bogen so überspannt, dass das Training überdacht werden muss. Ein Fehler ist immer eine Information und sollte auch als solche behandelt werden und eine Revision des Trainings zur Folge haben. Es ist in dieser Situation ein Kommunikationsversuch des Pferdes, dass etwas schief läuft, weil wir vorangegangen Anzeichen übersehen oder nicht ernst genommen haben. Warum lohnt sich das gezeigte Verhalten des Pferdes mehr, als das Verhalten, welches wir belohnen? Warum entscheidet sich das Pferd gegen den Verstärker? Welche Zwischenschritte müssen wir wiederholen oder noch weiter aufteilen? Hierzu lässt sich gut eine Trainingspause nutzen, in der das Pferd sich bei etwas Gras oder Rauhfutter entspannt und seine Konzentrationsfähigkeit auflädt. 

Oft haben wir das Gefühl, je kleiner wir die Schritte machen oder je öfter wir diese wiederholen, desto länger dauert das Training. Aber wenn ich etwas im Laufe der Zeit gelernt habe, dann ist es, dass es für gutes Training und ein gutes Gefühl für Pferd und Mensch keine Abkürzung gibt. Zu schnelles Vorgehen, zu große Schritte oder die Kombination mit Druck, führt fast immer dazu, dass das Verhalten zusammenbricht, sobald es etwas komplexer wird. Nur, wenn das Pferd das Verhalten und den Kontext mit angenehmen Emotionen verknüpft, haben wir ausreichend Vertrauensvorschuss, damit auch bei auftretenden Schwierigkeiten oder sogar unangenehmen Erlebnissen, nicht ganz von vorn angefangen werden muss. Hier reicht es dann meist, eine Pause zu machen und die jeweiligen Trainingsschritte zu wiederholen oder anzupassen. Hier gilt es außerdem auch, unsere Courage gegenüber dem Pferd zu beweisen, denn Außenstehende sehen sich gern unaufgefordert eingeladen, „nachzuhelfen“ oder uns und das Pferd unter Druck zu setzen. Lasst nicht zu, dass euer gut geplantes Training durch Dritte zu Nichte gemacht und euer Pferd dadurch verunsichert wird, oder schlimmstenfalls sogar leidet. 

Die Checkliste

Für all diese Schritte nimm dir soviel Zeit, wie es notwendig ist, bis das Pferd zuversichtlich und prompt reagiert. Viele kurze Einheiten sind sinnvoller, als eine lange Einheit. Wenige Minuten, gefolgt von einer Pause,

Diese Fragen arbeite ich der Reihe nach ab und gehe erst zur nächsten, wenn das Pferd dabei entspannt ist! Der Führende ist dabei immer vor dem Pferd und leitet das Pferd von dort aus an, wie es auch beim Verladen der Fall ist. Alle Aufgaben, die nicht das Führen betreffen, sind von jemandem Zweites durchzuführen, der vorher genau eingewiesen wird, was er zu tun hat! Soweit nicht anders aufgeführt, ist der Führende immer am Pferd. Jeder Teilschritt wird ausreichend oft wiederholt, selbst, wenn das Pferd mit diesem kein Problem hat. Das Pferd wird stets für jeden richtigen Ansatz belohnt.

Die einzelnen Trainingsschritte sind in Abschnitte unterteilt. Der Fortschritt und die Geschwindigkeit sind auf das jeweilge Pferd abzustimmen. Grundsätzlich ist weniger mehr. Üben Sie nicht, bis es Probleme gibt. Ihr Pferd braucht zu diesem Ausbildungszeitpunkt vor allen Dingen Erfolgserlebnisse – ebenso wie Sie!

Aufgaben am Boden

Hierbei ist auch die Führposition zu beachten, die später beim Verladen selbst gewählt wird.Antreten

  • Stehenbleiben
  • Rückwärts gehen
  • Einen Fuss auf ungewohnten Untergrund stellen
  • Beide Füße auf ungewohnten Untergrund stellen
  • Über ungewohnten Untergrund laufen
  • An beliebiger Position darauf stehen bleiben
  • Vorwärts und rückwärts über ungewohnten Untergrund laufen
  • Bewältigen von Engpässen jeder Art und auch unter starker Ablenkung und an verschiedenen Orten
  • Engpässe mit Bodenplatte
  • Enge Gassen, z. B. im Dunkeln bewältigen
  • Mit der Brust an eine Stange treten (wichtig!, ggf. von zwei Leuten einen Besenstiel o. ä, halten lassen, oft wiederholen)

Aufgaben vom Boden, „Gefahr im Rücken“

  • Stehen bleiben, wenn jemand sich von hinten annähert
  • Ruhig stehen, wenn etwas die Hinterhand berührt
  • Ruhig stehen, wenn jemand mit einer Stange hinter dem Pferd hantiert und Geräusche macht
  • Antreten, wenn jemand mit der Stange von hinten schiebt
  • Geräusche und Bewegungen hinter dem  Rücken tolerieren (steigende Intensität)

Aufgaben am Hänger

  • Den Hänger anschauen
  • Sich dem Hänger annähern
  • Sich am Hänger bewegen
  • Am Hänger ruhig stehen
  • Ruhig stehen, wenn jemand die Klappe auf und zu macht
  • Ruhig stehen, wenn jemand die Vordertür auf und zu macht
  • Ruhig stehen, wenn jemand gegen die Hängerwand klopft (steigende Intensität)
  • Ruhig stehen, wenn die Stange eingehängt oder bewegt wird

Aufgaben mit Einsteigen

  • Den Kopf in den Hänger stecken
  • Einen Vorderhuf in den Hänger setzen
  • Beide Vorderhufe in den Hänger setzen
  • Schrittweise vorwärts gehen (dieser Schritt kann u. U. länger dauern)
  • Schrittweise wieder rückwärtsgehen
  • Alle Hufe in den Hänger setzen
  • Mit deiner Brust bis an die Stange treten
  • Ruhig im Hänger stehen bleiben
  • Beliebig vor- und zurück auf der Rampe, im Hänger
  • Problemlos ein- und aussteigen
  • Bei all diesen Schritten, jederzeit ruhig Stehenbleiben

Die o. g. Aufgaben auf der Rampe und mit dem Einsteigen, sollten je nach Beschaffenheit des Anhängers zunächst ohne Mittelwand und bei schwierigen Fällen auch ohne Bruststange (dann aber bei geschlossener Vordertür) durchgeführt werden. Als nächstes wird die Wand schräg gestellt und zu guter Letzt bleibt die Mittelwand an Ort und Stelle.

Aufgaben auf dem Hänger stehend

  • Ruhig auf dem Hänger stehen
  • Stehen bleiben, wenn jemand sich von hinten annähert
  • Ruhig stehen, wenn etwas deine Hinterhand berührt
  • Ruhig stehen, wenn jemand mit einer Stange hinter dir hantiert und Geräusche macht
  • Geräusche hinter deinem Rücken tolerieren (steigende Intensität)
  • Ruhig stehen, wenn jemand die Vordertür auf und zu macht
  • Ruhig stehen, wenn jemand gegen die Hängerwand klopft (steigende Intensität)
  • Ruhig stehen, wenn die hintere Stange eingehängt wird
  • Ruhig stehen, bei eingehängter Stange
  • Ruhig stehen, während du im Hänger angebunden bist (beidseitig, so, dass das Pferd sich nicht zu weit im Anhänger umdrehen kann) und ich dich nicht mehr festhalte
  • Ruhig Stehen, während ich die Klappe Anhebe
  • Ruhig stehen, wenn die Klappe oben ist

Aufgaben bei geschlossener Hängerklappe, Pferd ist angebunden

  • Ruhig stehen, wenn ich an der Klappe rüttle (steigende Intensität)
  • Ruhig stehen, wenn jemand die Vordertür auf und zu macht
  • Ruhig stehen, wenn jemand gegen die Hängerwand klopft (steigende Intensität)
  • Ruhig stehen, wenn ich am Hänger wackle
  • Ruhig stehen, wenn ich aus der Vordertür aussteige
  • Ruhig stehen, wenn ich dich allein lasse und die Türe schließe (Dauer erhöhen)
  • Ruhig stehen, wenn ich den Motor anlasse
  • Ruhig stehen, wenn der Motor aufheult
  • Ruhig stehen, wenn das Planenrollo sich bewegt
  • Ruhig stehen, wenn das Planenrollo unten ist

Aufgaben bei geschlossener Hängerklappe, kein Mensch mehr im Hänger

  • Ruhig stehen, wenn ich an der Klappe rüttle (steigende Intensität)
  • Ruhig stehen, wenn jemand die Vordertür auf und zu macht
  • Ruhig stehen, wenn jemand gegen die Hängerwand klopft (steigende Intensität)
  • Ruhig stehen, wenn ich am Hänger wackle
  • Ruhig stehen, wenn ich dich allein lasse und die Türe schließe (Dauer erhöhen)
  • Ruhig stehen, wenn ich den Motor anlasse
  • Ruhig stehen, wenn der Motor aufheult
  • Ruhig stehen, wenn das Planenrollo sich bewegt
  • Ruhig stehen, wenn das Planenrollo unten ist

Aufgaben, die das Fahren betreffen, Kontrolle durch Mitlaufen am Hänger

  • Ruhig stehen, wenn das Fahrzeug anrollt
  • Ruhig stehen, wenn das Fahrzeug anhält

Finale: Das Fahren üben

Das Fahren selbst, lässt sich bis zu einem gewissen Grad üben. Genauso wie jede andere Trainingssituation auch, können wir nicht alles abdecken, sondern nur unser bestes Geben. Daher ist die Vorbereitung extrem wichtig, so wie eine gute Planung für die ersten Fahrten. Plant die ersten Fahrversuche gut und beschränkt euch anfangs auf Fahrten auf leichtem Terrain. Fahrt lieber ein wenig langsamer, als sonst – lasst euch nicht stressen! Die Fahrtzeit günstig wählen, so dass wenig Verkehr ist. Der Fahrstil ist entscheidend dafür, dass das Pferd sich auf dem Hänger wohl fühlt.

Es macht Sinn, die ersten Fahrten, bis nach dem Fahren ein Einsteigen unproblematisch ist, in Stallnähe zu tätigen. So kann, falls es zu Problemen kommt, der Heimweg auch zu Fuss angetreten werden und nicht den Trainingsfortschritt gefährden. 

Bei ungünstigen Witterungsverhältnissen (zu warm, zu glatt, zu nass, zu windig …) oder ungewohnter Unruhe des Pferdes, das Fahren lieber verschieben und nur einsteigen üben. Ansonsten:

  • Eine kurze Strecke fahren
  • Nach dem Fahren ruhig stehen
  • Nach dem Fahren bei offener Klappe ruhig stehen
  • Nach dem Fahren bei offener Stange ruhig Stehen
  • Beim Ausladen anhalten
  • Nach einer erfolgreichen Fahrt noch einmal in den Hänger steigen
  • Die Dauer und Schwierigkeit der Strecke steigern

Danach folgt die Routine! Es sollte auf jeden Fall geübt werden, auch an anderen, unbekannten Orten ein- und auszuladen. Besuchen Sie doch mal Ihre Freunde in fremden Stall. Planen Sie auch hier die Zeit so, dass Sie nicht unbedingt zur Stoßzeit im anderen Stall verladen müssen, denn interessierte Zuschauer gibt es reichlich und diese halten sich häufig auch nicht mit „guten Ratschlägen“ zurück.

Fahren und Verladen Sie auch mal bei Regen, in der Dämmerung oder tatsächlich im Dunkeln. Und wenn Sie sich sicher sind, ruhig auch mal dann, wenn „etwas mehr los ist“.

Regelmäßiges Fahren und Fressen lassen auf dem Hänger bringt Routine und sorgt Problemen nach längerer „Abstinenz“ vor. Sollte dies nicht möglich sein, so lassen sich die zuvor sorgfältig geübten Schritte leicht erneut abarbeiten.

Viel Erfolg!