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Überschattung (engl. overshadowing) beschreibt einen Lernprozess, bei dem ein Tier ein schwächeres Signal nicht oder nur unzureichend wahrnimmt, weil es von einem stärkeren Reiz überlagert wird. Im Pferdetraining kann dies dazu führen, dass ein Signal scheinbar verstanden wurde, in einem anderen Kontext jedoch nicht mehr funktioniert.

Ein typisches Beispiel aus der Freiarbeit mit Körpersprache und Stimmsignalen ist die Aufforderung zum Antraben. Ein Trainer gibt das verbale Signal „Trab“, während er sich gleichzeitig mit seinem Körper leicht nach vorne verlagert. Das Pferd reagiert scheinbar zuverlässig, doch in Wirklichkeit verlässt es sich fast ausschließlich auf das deutlichere Körpersprachensignal, während das verbale Signal ignoriert oder nicht bewusst verarbeitet wird. Solange beide Signale gleichzeitig gegeben werden, fällt dieses Problem nicht auf – der Mensch geht davon aus, dass das Pferd auch auf das verbale Signal reagiert. Wird das Stimmsignal jedoch in einem anderen Kontext allein eingesetzt, zum Beispiel wenn der Trainer sich bewusst nicht bewegt oder auf Distanz steht, bleibt die Reaktion aus.

Oft bleibt Überschattung dem Menschen lange unbemerkt, da er entweder nicht wahrnimmt, dass er neben dem beabsichtigten Signal noch weitere, unbewusste Signale gibt, oder weil er annimmt, dass das Pferd sich bereits an beide Signale gleichwertig orientiert. Erst in einer veränderten Situation – beispielsweise in einer neuen Umgebung oder mit einer anderen Hilfengebung – zeigt sich, dass das Verhalten nicht zuverlässig abrufbar ist, weil das Pferd das schwächere Signal nie unabhängig gelernt hat.

Dieses Problem kann vermieden werden, indem neue Signale zunächst isoliert trainiert werden, bevor sie mit weiteren kombiniert werden. Reduziert man die Stärke des dominanten Signals bewusst oder variiert die Hilfen gezielt, kann überprüft werden, ob das Pferd beide Reize tatsächlich verarbeitet. Ebenso ist es wichtig, das Signal durch Generalisierung in unterschiedlichen Kontexten zu üben, um sicherzustellen, dass das Pferd es nicht nur an eine bestimmte Umgebung oder Körperhaltung des Trainers koppelt. Erst wenn ein Signal in verschiedenen Umgebungen, mit unterschiedlichen Ablenkungen und unter leicht variierenden Bedingungen abrufbar ist, kann es als wirklich gefestigt gelten.