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Eine Übersprungshandlung (displacement behavior) ist eine scheinbar unpassende oder sinnlose Verhaltensweise, die ein Pferd zeigt, wenn es sich in einer Konfliktsituation befindet und nicht weiß, wie es reagieren soll. Sie tritt auf, wenn das Pferd zwischen mehreren Verhaltensimpulsen hin- und hergerissen ist, beispielsweise zwischen Flucht und Gehorsam. Übersprungshandlungen sind in der Regel Teil der Stressbewältigung durch Fidgeting.

Beispiele für Übersprungshandlungen beim Pferd:

  • Gähnen, Scharren oder Kopfschütteln während des Trainings, obwohl das Pferd nicht müde oder unruhig ist.
  • Plötzliches Kratzen mit dem dem Kopf oder Huf am eigenen Bein, wenn das Pferd unsicher ist oder überfordert wird.
  • Lecken und Kauen ohne äußeren Reiz, wenn das Pferd nicht sicher ist, was es tun soll.
  • Juckbewegungen an Bauch oder Flanke, statt eine Reaktion auf das Training zu zeigen.

Parallelen zum menschlichen Verhalten:

Menschen zeigen in überfordernden oder unangenehmen Situationen ebenfalls Übersprungshandlungen, oft unbewusst:

  • Sich am Kopf kratzen, wenn man eine schwierige Frage gestellt bekommt.
  • Mit dem Fuß wippen oder auf den Tisch trommeln, wenn man nervös ist.
  • Plötzliches Lächeln oder Lachen, wenn eine Situation unangenehm oder peinlich ist.
  • Sich in einem Streit an der Nase reiben oder an den Fingern herumspielen, weil man nicht weiß, ob man sich verteidigen oder zurückziehen soll.

Diese Reaktionen entstehen, weil Körper und Gehirn mit widersprüchlichen Impulsen konfrontiert sind. Statt eine direkte Lösung zu finden, wird eine Ersatzhandlung ausgeführt, die oft keinen direkten Bezug zur Situation hat.

Wie kann man Übersprungshandlungen im Pferdetraining deuten und darauf reagieren?

  • Das Pferd beobachten: Übersprungshandlungen sind wertvolle Stresssignale und zeigen, dass das Pferd unsicher ist.
  • Hilfen klarer gestalten: Klare Anweisungen vermeiden Verwirrung und Stress.
  • Mehr Pausen einbauen: Wenn ein Pferd häufig Übersprungshandlungen zeigt, ist eine kurze Pause sinnvoll, damit es sich sammeln kann.
  • Ein sicheres Trainingsumfeld schaffen: Je entspannter das Pferd ist, desto seltener treten Übersprungshandlungen auf.

Genau wie beim Menschen sind Übersprungshandlungen beim Pferd kein Ungehorsam, sondern ein Zeichen von innerem Stress oder Unsicherheit. Wer sie erkennt und richtig darauf reagiert, kann das Training effektiver und stressfreier gestalten.